Dienstag, 26. Februar 2013

Vermaledeiter 91. Geburtstag

Wie das mit dem 90. Geburtstag im Augustinum war, das kann man hier im Februar 2012 nachlesen.
Ich plante den 91. Geburtstag jetzt im Februar.
Ich schicke voraus: Es war ein Herzenswunsch meines Verwandten, dass endlich mal jemand vom Bürgermeister ihm zum Geburtstag gratuliert.
Seinem Vater, vor langen Jahren, wurde schon zum 80. Geburtstag vom Bezirksamt gratuliert und das fanden alle in der Familie sooooo schön. Der nette Abgesandte vom Bürgermeister war über diverse kredenzte Schnäpse so begeistert, dass er auch zum 81. Geburtstag erschien.
Der SPD Bürgermeister von Kleinmachnow schickte sowohl meiner Verwandten als auch meinem Verwandten nur ein gelbes Blatt Papier per Post zum Geburtstag ins Augustinum Kleinmachnow. Das war mit ein Grund dem Finanzamt Potsdam-Mittelmark keine Steuern mehr zukommen zu lassen, also umzuziehen.
Monatelang versicherte ich meinem Verwandten Steglitz-Zehlendorf gratuliert persönlich, du wirst sehen!
Ich fragte das Bezirksamt vorher, was ist vorgesehen? Ja, es wird mit Pflegecreme gratuliert. Ich bat keine Pflegecreme mitzubringen, er hat Genüge dort in der Blindenwohnstätte, aber Kekse wären nett, er knabbert gern.
Nun, einen Tag vor dem Geburtstag besorgte ich eine Schwarzwälderkirschtorte und einen Napfkuchen. Das stellte ich in die kleine Küche im Apartement. Wer kommt, der kommt.... Bitte bedient Euch, Kaffee und Filter und Sahne sind auch da...
Als ich nachmittags am Geburtstag zu meinem Verwandten in die Blindenwohnstätte kam, da sass mein Verwandter vor den alltäglichen Kuchenkrümeln, die Torte war weg! Er hatte nichts abbekommen!
Ich fragte nach. Das Personal meinte: Es täte ihnen leid, sie hätten gemeint, das sei eine Morgengabe für sie und die Torte hätten sie gegessen.
Ich fuhr schnell zum nächsten Laden, besorgte eine kleinere gefrorene Schwarzwälderkirschtorte, zerschnitt einige Stücke in kleine Happen, damit der Kuchen schneller auftaute und so konnte mein Verwandter endlich zum Abendbrot ein Stück seiner Lieblingstorte geniessen. Den Rest der Torte stellte ich dem Personal zur Verfügung in ihrem Pausenraum.
Ein Vertreter des CDU Bürgermeisters Norbert Kopp und des Sozialstadtrates Norbert Schmidt vom Bezirk Steglitz-Zehlendorf liess sich nicht blicken. Es gab auch keinen Brief, keine Karte per Post.
Mein Verwandter und ich waren sehr enttäuscht. Der alte Mann meinte: Geburtstag ist Terminsache. Wer kommt, der kommt.
Ja, so bin ich auch erzogen.
Nach 19 Uhr ging ich ins Büro. Nein auch dort war niemand vom Bezirksamt erschienen, nichts wurde abgegeben. Da sei heute noch ein 98. Geburtstag und auch dort wurde nicht von amtswegen gratuliert. Das passiere bei der Dame, die geschickt wird, häufiger.
So ging ich dann nach 19 Uhr 30 nach Hause. Dachte: Das war aber eine missglückte Show.
Am nächsten Morgen rief ich im Bezirksamt an, sagte: Wir sind sehr enttäuscht, dass nicht gratuliert wurde. Man rief zurück: Am Freitag würde dann jemand kommen...
Ich dachte, das ist doch egal.
Ich fuhr zum täglichen Besuch in die Blindenwohnstätte, nun war auch noch der Napfkuchen verschwunden.
Ich dachte, nun gut, wenn das unterbezahlte Personal solch einen Hunger hat, daran soll es nicht scheitern...
Freitags, schon am Fahrstuhl traf ich zufällig die Dame vom Bezirksamt, Frau R., die die zwei Geburtstagsgratulationen vom Mittwoch nachholen wollte.
Sie sagte zu meinem Verwandten: Ich hab Ihnen doch gesagt, am Geburtstag kann ich nicht, ich bin berufstätig. Ich kann erst heute. Das Präsent mit Keksen war sehr nett. Ich sagte, wir möchten aber, dass sie am Geburtstag kommen, das ist uns wichtig. Dann meinte sie zu mir: Donnerstags kann ich aus beruflichen Gründen prinzipiell nicht und notierte sich meine Telefonnummer.
Nun, dies Jahr fiel der Geburtstag auf einen Mittwoch. Ob mein Verwandter den 92. Geburtstag noch erlebt, das steht in den Sternen. Aber: Mein Computer sagt: Nächstes Jahr ist der Geburtstag auf einem Donnerstag, wo die Dame nicht kann...
Also kann man die Gratulationscour vom Steglitz-Zehlendorfer Bürgermeister getrost vergessen.
Ausserdem sagte mein Computer: Nächstes Jahr steht der Tag als "Tag der sozialen Gerechtigkeit" im Kalender.
Es ist besser man glaubt heutzutage nichts mehr. Dann kann man nicht enttäuscht werden.
Sollte ich in meinem Häuschen mal 85 Jahre alt werden, dann leg ich Wert darauf, dass die Obrigkeit sich n i c h t meldet. Ich würde sonst bestimmt sehr, sehr wütend werden und mein Hausrecht nutzen und mit einer Zaunlatte herumfuchteln!

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