Dienstag, 29. Mai 2012

Visite

Heute bei der Visite sagte mein Verwandter dem Oberarzt, er könne mit seiner kaputten Lunge nicht in sein stickiges, heisses Apartment im Augustinum zurück. Das Krankenhaus macht wohl ein Heimgutachten und mein Verwandter soll zur REHA.

Montag, 28. Mai 2012

Röntgen

Heute war mein Verwandter zum Röntgen. Den Arzt konnte ich leider nicht sprechen. Vielleicht morgen und zum Sozialdienst will ich danach auch. Mein Verwandter möchte nicht in das stickige Apartment im Augustinum zurück. Am liebsten würde er im Krankenhaus bleiben, er findet das Pflegepersonal toll. Ich sag ihm, das wird kaum gehen, sie haben nur Kurzzeitpflege. Mittags gab es schmackhaftes Hähnchen Cordon Bleu mit feinen Tiefkühlerbsen, Dämpfkartoffeln und ganz leckerer Quarkspeise und einen grossen Keks. Die Küche dort hat auch eine preiswerte Cafeteria, fahrbaren Mittagstisch und Catering Service. Sogar beelitzer Spargel mit Wildlachs haben sie im Programm. Ich seh keinen grossen Unterschied zwischen der Küche im Krankenhaus und der im Augustinum. Und ich habe Kochen gelernt.
Mein Verwandter wurde im Rollstuhl durch den ganzen Garten geschoben, er fand es gut. Die Pfleger geben sich grosse Mühe. Ich find den Garten und das Haus schön. Alles ist wilhelminisches Zeitalter und im Garten gibt es einen gemauerten Goldfischteich. Dort hab ich mich ein paar Minuten ausgeruht. Es ist viel schöner in dies Krankenhaus zu Besuch zu fahren als ins Augustinum. Im Augustinum bin ich nur kostenloses Arbeitstier. Und im Krankenhaus brauch ich mir auch keine Sorgen zu machen, ob mein blinder Verwandter wieder stürzt.

Sonntag, 27. Mai 2012

Pfingsten

Morgens fahr ich erst ins Augustinum. Ich warte in der Halle auf die Dame vom Bewohnerservice, die das Apartment entsiegeln muss. In der Halle ist eine Ausstellung von sehr lustig dekorierten Rollatoren. Einer sieht aus wie ein Büro. Ein Ralleyrollator hat einen Spider. Einer sieht aus wie ein Fussballtor. Einer hat Bier und Schnaps geladen. Ein Rollator ist im Leopardenfell, mit Lippenstift, gehört wohl einem Vamp. Die Rollatorensammlung ist zum Piepen.
Im Andachtsraum sind zwei neue Traueranzeigen. Die Dame vom Bewohnerservice und ich gehen zum Schliessfach. Ich storniere das Blumengiessen. Ich nehm die Blumen dann mit zu mir. Das Schliessfach ist sehr heiss und stickig, wahrlich kein Ort für einen Lungenkranken. Ich nehm ein paar erwünschte Dinge, die mein Verwandter täglich braucht, lass die Rolläden herunter und fahre durch Kleinmachnow ins Krankenhaus nach Berlin. Kleinmachnow ist eine merkwürdige Ansammlung grosser Grundstücke mit altem Baumbestand und recht schönen, grossen Häusern. Mehr ist es nicht. Kleinmachnow hat kein Gesicht und in Kleinmachnow ist kaum was los.
Im Krankenhaus freut sich mein Verwandter über seine Sachen.
Man hat ihm aus der Berliner Morgenpost vorgelesen und ihn kurz im Rollstuhl in die Sonne geschoben, erzählt er. Er mag die Pfleger sehr.
Zu Mittag hatte er Rinderbraten, Broccoli und Kartoffeln und der Pfleger erzählt mir, mein Angehöriger hat heute sogar schon die halbe Portion geschafft.
Mein Verwandter sagt: Er kann sich nicht vorstellen in die heisse, kaum zu lüftende Wohnung ins Augustinum zurück zu kehren. Es ist erst Mai und Juli, August ist dort grauenvoll für ihn gewesen. Die Wohnung hat weder Balkon noch Terrasse. Ersticken ist kein schöner Tod, noch dazu ohne Arzt in den eigenen vier Wänden. Er findet es gut in diesem Krankenhaus und ich auch. Sie sind kompetent und sehr gut und nett zu ihm.

Samstag, 26. Mai 2012

Krank und ungeduldig

Ich war wieder auf dem Weg ins Krankenhaus. Mein Verwandter ist ungeduldig. Alles tut ihm weh, überall. Ich helf ihm, erkläre, rasiere ihn...
Ich füttere ihn mitgebrachten Kefir, das mag er. Er trinkt, nimmt Medikamente, Mittagessen rührt er dann kaum an. Ich koste den Gemüseeintopf mit Rindfleisch, sehr lecker, gut gewürzt, besser als im Augustinum. Drei Gerichte und zig Nebenspeisen gibt es morgen zur Auswahl. Darunter sind Rinderbraten und Hirschgulasch.
Die jungen Pflegekräfte sind sehr gut. Eine heisst Sarah und kommt aus Sacramento in Kalifornien. Ich rede Englisch mit ihr, erkläre ihr: mein Verwandter war schon in Sacramento, Kalifornien. Er fühlt sich recht wohl mit dem Personal. Die Sarah hat er sich schon gemerkt.
Ich hab den Eindruck, es geht etwas aufwärts, nur ein klein wenig...

Visite

Ich bin zur Visite im Krankenhaus, darf die Ärztin sprechen. Die Lunge klingt sehr schlecht.
Anfang der Woche wollen sie nochmals röntgen. Mein Verwandter bekommt ACC Schleimlöser.
Das Mittagessen kommt. Man hat mehr Auswahl als im Augustinum. Es gibt über den Tag verteilt viele Mahlzeiten, ich mach auch den Essensplan.
Das Essen ist sehr lecker. Das Krankenhaus hat eine eigene Küche. Heute gibt es Hähnchen mit Möhren und Bratkartoffeln.
Mein Angehöriger lässt sich von mir einige Happen füttern. Die Bratkartoffeln sind viel besser als im Augustinum, sie sind nicht so labberig wie dort. Es schmeckt ihm. Ich probiere auch. Er hat recht.
Er sagt: Gestern haben sie mir Hefeklösse mit Pflaumen gegeben, das war auch sehr gut.
Er isst sehr wenig, aber er isst.
Er weiss nicht so recht wo er ist, meinte schon sein letztes Stündlein hätte geschlagen.
Ich rasiere ihn. Er ist nicht mehr blau angelaufen.
Er freut sich, ich hab ihm seinen Blindenstock mitgebracht. Der ist ihm wichtig. Zur Zeit kann er ihn nicht benutzen.
Ich denk ich muss dieser Tage wieder ins Augustinum, ich kann seine Blumen ja zu mir nach Hause nehmen.
Nach der Post muss ich sehen und die Beihilfe beantragen....

Freitag, 25. Mai 2012

Der Bewohnerservice

Ich fahr doch erst ins Krankenhaus, meinem Verwandten geht es sehr schlecht. Er ist blau angelaufen, bekommt eine Salinenlösung durch eine Maske. Ich schau nach was er braucht, fahr ins Augustinum um die Dinge zu holen. Das Apartment wird entsiegelt und die sehr nette Dame vom Bewohnerservice kommt auch. Ich pack die Sachen zusammen, schaff etwas Ordnung, die Rettungssanitäter brauchten viel Platz. Die Frau vom Bewohnerservice versteht schnell.
Ich versiegle das Apartment wieder und gebe am Empfang einen Auftrag, den Blumen täglich etwas Licht und Wasser zu verschaffen, das kostet dann natürlich extra. Diese Arbeit macht auch der Bewohnerservice.
Ich fahr wieder ins Krankenhaus, nun hat mein Verwandter die notwendigen Dinge fürs Krankenhaus. So schlecht es ihm auch gehen mag, ich bin etwas erleichtert, ich merke, es wird kompetent nach ihm gesehen, ich brauch mir nicht so viele Gedanken machen, ob er vielleicht stürzt, oder ob er seine Medikamente bekommt. Er bekommt wieder Sauerstoff. Er ist ansprechbar, aber er weiss nicht so recht, wo er ist. Er versteht, dass er eine Lungenentzündung hat.

Donnerstag, 24. Mai 2012

Krankenhaus

Frühmorgens ruft die Schwester des Augustinums mich an, die einzige, die etwas von Blindheit versteht. Sie sagt, dass der Notarzt bei meinem Verwandten sei und er ins Krankenhaus komme. Ich bin ihr dankbar. Ich fahr gleich ins berliner Krankenhaus, der Notarzt und vier Sanitäter sind noch da. Ich zeig meine Vollmachten. Röntgen, Blutuntersuchungen und EKG werden schnell gemacht, dann geht es auf die Station.
Das kenn ich alles schon, vor 2 Jahren war die Ehefrau meines Verwandten hier, auf genau derselben Station und verstarb auch da.
Ich mache zig Angaben zur Person, Krankengeschichte, Zustand.
Im Krankenzimmer angelangt kommt mein Verwandter nicht nur an Antibiotikatropf, sondern auch an Schmerzmitteltropf. Elektrolythlösung hat er sowieso schon. Die sehr jungen Pfleger sind lieb und auch kundig im Umgang mit Blinden: Ich bin der Dääääwiddd und ich fass Sie jetzt an und messe Fieber und eine Frequenz. Prima! Ein Unterschied wie Tag und Nacht zur Augustinum Pflege. Sie machen den Essensplan mit ihm. Das Essen kommt, ich füttere meinen Verwandten. Er hat Lungenentzündung. Das ist sehr schlecht im Alter von 90 Jahren.
Mein Verwandter hat Angst in der ungewohnten Umgebung. Das Personal hilft. Der Zimmernachbar sagt: Wir haben einen 90jährigen blinden Bekannten. Er ist nett. Mein Verwandter hat Glück.
Ich komm dann morgen wieder ins Krankenhaus.
Der Augustinum Bewohnerservíce ruft mich an, die sind nett und erzählt mir: Das Apartment ist versiegelt worden.
Morgen dann werde ich erst ins Augustinum fahren, persönliche Dinge fürs Krankenhaus holen und dann damit ins Krankenhaus fahren.

Mittwoch, 23. Mai 2012

Krank

Mein Verwandter hat Bauchschmerzen. Der Pfleger veranlasst einen Urintest.
Der alte, blinde Mann tappert rum, er findet den Weg nicht, er sitzt auf der Klobrille, weil er den Sessel nicht findet. Er läuft auf den Flur draussen, man sammelt ihn ein. Er stürzt.
Nun man ehrlich: Das ist nicht gut mit der Pflege im eigenen Apartment.
Nachmittags soll jetzt der Bewohnerservice Kaffee kochen und nicht die Pflege.
Und das klappt nun wieder gar nicht, die kennen sich auch nicht aus. Immerzu Neue und wenn die eingearbeitet sind, dann verschwinden sie wieder....

Dienstag, 22. Mai 2012

Sturz

Seit dem Wochenende litt mein Verwandter unter Luftnot. Gestern kam die Ärztin, er soll einen grippalen Infekt haben.
Danach stürzte er und drückte den Notruf. Die Pflege kam und brachte ihn ins Bett. Sie zeigten mir die Sachen, die zu Bruch gingen, ich sagte: Das ist völlig unwichtig.
Es vergeht kaum ein Tag ohne unangenehme Vorkommnisse, ohne Aufregungen, ohne Sorgen. Unbeschwerte, schöne Stunden hab ich im Augustinum kaum.
Hoffentlich stürzt er nicht bald wieder. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er im Bett bleibt. Die ambulante Pflege im eigenen Apartment bereitet mir nur Sorgen.

Störungen der nächtlichen Ruhe

Sagt mein Verwandter: Als ich auf Rente ging, da habe ich geglaubt, als Rentner könne man ausschlafen. Dass dem nicht so ist, habe ich im Augustinum erfahren.
Bei Pflegebedürftigkeit ist die Nacht um 5 Uhr 30 bis 6 Uhr vorbei, da weckt die Frühschicht prinzipiell zum Waschen und Anziehen.
7 Tage die Woche, nie darf man ausschlafen.
2 mal nachts muss der alte Mann nachts raus. Damit nicht genug der Störungen, nachts wird dann kontrolliert. Das haben wir uns verbeten. Der Stiftsdirektor sagte das schriftlich zu, er fand auch, die Kontrolle war unnötig. Und nun sagte mein Verwandter: Nachts kommt immer jemand zu meinem Bett und sagt kein Wort, geht ins Bad, kommt zurück und geht wieder. Er ist blind und es macht ihm Angst, wenn jemand wortlos durch die Wohnung schleicht.
Ich schau in die Pflegekladde, ja, seit geraumer Zeit, etliche Wochen, kontrollieren sie ihn wieder nachts, stören ihn gegen seinen Willen.
Das ist Psychoterror in meinen Augen. I c h will nicht so gelebt werden.
Ausserdem bade ich zu gern abends. Morgens geduscht zu werden ist mir ein Graus.
Baden konnte mein Verwandter seit Jahren nicht. Das vermisst er auch.
Bloss nicht in ein Wohnstift, lieber zu Haus und wenn unbedingt nötig zum Schluss ins Krankenhaus oder Hospiz.

Flasche Sekt

Da stand im Apartment eine Flasche Sekt für mich, der Stiftsdirektor hat sich für den Schlüsselfund bedankt. Da hab ich mich sehr gefreut.

Freitag, 18. Mai 2012

Urologe

Der Urologe sagte Anfang März zu meinem Verwandten, dass er ein anderes Medikament brauche.
Nun, bis heute ist nichts erfolgt.
So hab ich mühselig die Praxis herausgesucht und dort per Email angefragt, wie das Medikament heisst, ob es rezeptflichtig ist und warum es bis heute nicht bei meinem Verwandten eingegangen ist.
Selbstbestimmt im Alter geht einfach nicht.
90 Jahre und blind und das Augustinum sorgt für nichts und der Arzt auch nicht.
Ich laufe mir einen Wolf. Wie geht es den sehr Alten im Augustinum, die niemand haben?
Fürsorge kennt das Augustinum nicht. Sich kümmern nicht, Sozialarbeit gibt es nicht.
Es ist einfach ätzend dort und ich finde vieles fahrlässig.
Hoffentlich antwortet der Urologe bald.

Donnerstag, 17. Mai 2012

Schlüsselfund

Das Augustinum hat mir gemailt, der Schlüssel hat keine sicherheitsrelevante Bedeutung und sie holen sich ihr Eigentum bei der Polizei zurück.
Ist OK. Kein Danke dem ehrlichen Finder. Niemand freut sich.
Da hab ich zurückgemailt: Ich hab auf dem Formular ich beanspruche Finderlohn angekreuzt und wenn ich nochmal nen Schlüssel finde, dann bring ich ihn wieder zur Polizei und kreuz an: ich will Finderlohn.
Das war der dritte Schlüsselfund dort.
Das Nashorn meint das ist selbstverständlich und gibt einen feuchten Händedruck.
Wenn man Privatleuten einen verlorenen Schlüssel zurück gibt, dann freuen die sich maasslos, danken, dass sie kein Schloss zu ersetzen brauchen und sind erstaunt, wenn man nichts annehmen möchte.
Das Augustinum Nashorn ist Spitze in Deutschland und hat immer Recht.

Mittwoch, 16. Mai 2012

Mutation der ätzenden Pflege

Ja, ich habe es jetzt herausgefunden. Die lila-weissen Pflegeroboter sind wieder mutiert. Sie, die ja eigentlich pflegen sollen, sind zu Telefonisten geworden. Sie üben auch fleissig das Funken und Morsen, teils schon an mehreren Geräten. Demnächst werden sie wohl noch an jedem Fuss eine Strickmaschine bedienen. Der zu Pflegende ist nicht mehr besonders interessant, sie vergessen ihre Arbeit, sie widmen sich in erster Linie dem Handy, als wäre es ihr Baby. Dabei zahlt doch die Pflegekasse für pflegerische Leistungen und nicht fürs Telefonieren.

Schlüssel - Sicherheit?

Vor 2 Wochen schon fand ich einen Schlüssel mit Apartmentnr. drauf, ging zurück zum Augustinum und gab den Schlüssel am Empfang ab.

Jetzt am Wochenende fand ich schon wieder einen Schlüssel, der lange Finger zum Betreten des Augustinums ermutigt.
Diesmal hatte ich keine Lust mehr den Schlüssel am Empfang abzugeben, sondern ich bin zur Polizei gegangen und hab ihn dort abgegeben.

Dann hab ich dem Chef der Augustinum Gruppe in München eine Mail geschickt:

Sehr geehrter Herr Rückert!

Schon als Schulkind habe ich gelernt: Adressen gehören nicht an Schlüssel. Sie laden zu Diebstählen und Einbrüchen ein.

Sie schrieben den Bewohnern: Das Augustinum tut alles um Sicherheit zu gewährleisten und Einbrüche zu verhindern.
Ich finde, dies stimmt nicht.

Ich fand beim Augustinum Kleinmachnow einen Zeiss Ikon Schlüssel mit schwerem, ovalen Anhänger aus Metall
mit Gravur Augustinum, darauf mit Folie die Nr. ....
Das ist die volle Adresse!

Ich glaube dieser Schlüssel passt für Haus, Nebeneingänge, Tiefgarage, Zauntore?
Sollte dies stimmen, dann finde ich das Kennzeichnen des Schlüssels mit Augustinum, Nr. .... sehr fahrlässig.
Und das, wie Sie schrieben, bei einer Einbruchserie in Wohnstiften.

Ich habe daher mit der berliner Polizei telefoniert und danach den Schlüssel korrekt als Fundsache bei der Wache meines Polizeiabschnittes ...
gemeldet, und zwar unter
Vorgangs-Nr. ...

Das Zentrale Fundbüro ist wohl zuständig. Platz der Luftbrücke 6, 12101 Berlin.

Die berliner Polizei sagt, Sie hören von ihr.

Mit freundlichen Grüssen

Dienstag, 15. Mai 2012

Medikament wird nicht gegeben

Heute Morgen informiere ich die Stiftsleitung per Email, man wird sich drum kümmern ist die Antwort. Mein Verwandter war seit dem 1. Mai krank.
Abends komme ich mit Wäsche und Lebensmitteln.
Ich schau in den Medikamentenschrank, das ärztlich verordnete Novalgin, Freitag angebrochen, wird nicht gegeben, obwohl eine Verordnung vorliegt.
2 x täglich 1 Tablette. In der Packung fehlen nur 2 Tabletten von Freitag abends bis Montag abends.
Ich frage meinen Verwandten nach seiner Befindlichkeit. Es geht ihm besser.
Während es ihm schlecht ging half ihm niemand von der Pflege. Was soll das?
Ich setz mich hin und schreib das dem Stiftsleiter. Da kommt die Pflege, geht an den Kühlschrank, wo die Augentropfen sind, sagt: Entschuldigung, ich muss erst mal telefonieren... und zückt das Handy. Diese Handys sind den Pflegerobotern wichtiger als alles andere. Dann träufelt sie die Augen und geht. Das verordnete Novalgin interessiert sie nicht die Bohne. Bei Schmerzen gilt: Lerne zu leiden ohne zu klagen.
Ich geh zum Empfang, geb den Brief für den Stiftsleiter incl. der angebrochenen Packung Novalgin als Beweis ab.
Ich bin die Plackerei und ständigen Ängste und Ärgernisse so leid nur damit die lila-weissen herzlosen, gedankenlosen Pflegeroboter abrechnen können. Sie bekommen Lohn und Urlaub, ich nicht. Blindengeld war besser als diese Pflegesituation.

Montag, 14. Mai 2012

Diese Handys

In den letzten Tagen habe ich bemerkt, dass zwei der lila-weissen Pflegeroboter nun nicht nur ein schnarrendes, vibrierendes, rappelndes Handy haben, was sie bei der Arbeit stört, nein nun rappeln ständig zwei dieser Teile und so kommen sie kaum noch zum Arbeiten.
So ist es auch kaum möglich eine Frage zu stellen und eine Antwort darauf zu bekommen.
Derweil sass dann der Pflegebedürftige, der über Schmerzen klagte, die schriftlich aufgenommen wurden, in seiner eigenen Seeche, welches die Roboter nicht sehr störte, sie machten ihre vereinbarten Handgriffe...
Vielleicht ist es doch besser im Alter in der eigenen Familie umsorgt zu leben?

Sonntag, 13. Mai 2012

Samstag

Heute hatte mein Verwandter einen neuen Haarschnitt. Er war beim Friseur. Ich hab ihm das verauslagte Geld im Portemonnaie ersetzt.
Wir haben uns amüsiert, Witze erzählt, Abendbrot gegessen und ich war noch auf dem Nachhauseweg Sachen, die er benötigt, einkaufen.
Ich war auch am Treffpunkt, nachsehen, ob sich das Angebot, was vormittags und nachmittags mehr als 7 Euro kostet, also 15 Euro am Tag, verbessert hat. Mitnichten.
Hier ist das Wochenangebot:
Mo. vorm. Motto des Monats, nachm. Kulturkalender/Rätsel
Di. vorm Quizrunde, nachm. Berühmte Persönlichkeiten
Mi. Therapiehund, nachm. Tiere in Wald u. Heimat
Do. Geografie-ABC, nachm. Stadt/Land/Fluss
Fr. Bewegung im Sitzen,
Sa. Naturbeobachtungen, nachm. Spielnachmittag
So. Gedichte vom Mai, nachm. Biografiegespräche zum Kaffee

5 Monate hat mein Verwandter das ausgehalten. Alles gewusst, ständig wurde ihm der Mund verboten: Sein Sie doch mal still, die anderen wollen doch auch mal! Immer die selbe CD, immer einen schlechten Kaffee. Hauptsache billig und kost nix, denkt sich wohl das Augustinum.
Nun sitzt er seit Monaten einsam im Kerker seiner Wohnung.
Es gibt kein Angebot für ihn.
90 Jahre, blind, im Kopf noch alles parat, aber mit dem Kurzzeitgedächtnis hapert es etwas in den letzten Monaten.
Da passt kein Demenztreffpunkt.

Der starrsinnige Moloch Augustinum ist weder flexibel noch lernfähig.
Das Pflegeheim in meiner Nachbarschaft, viel billiger, ohne Wohndarlehn für die schönen Apartments, hingegen lernt. Erst hatten sie nur eine zusätzliche Pflegestation, dann drei, dann eine zusätzlich - betreutes Wohnen für Demente, die müssen dort nicht mit normalen Alten zusammengepfercht sein. Und nun haben sie die WG fit.
Ich zitiere: "Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass sich Bewohnerinnen und Bewohner, die geistig rege sind und nur geringfügige Einschränkungen in der Mobilität und Alltagskompetenz aufweisen, in einem integrativen vollstationären Pflegebereich mit zum Teil schwerst pflegebedürftigen Menschen stark belastet fühlen.

Unsere WG Fit ermöglicht geistig regen pflegebedürftigen Menschen, in einem homogenen Kreis innerhalb des Pflegealltags ein selbstständiges Leben zu führen." - Sie haben auch ein gutes, abwechslungsreiches Programm für die Alten.

Diese Woche kam ich und mein Verwandter konfrontierte mich mit Fakten aus dem Radio: Die Eröffnung des Flughafens Schönefeld wird wg. Brandschutzmängeln verschoben etc.

So vergehen die Jahre im unerquicklichen Augustinum. Es ist ein schlechter Lebensabend für ihn, er ist ein umgänglicher, geselliger Mann der im Augustinum vereinsamt ist und für mich als pflegenden Angehörigen ist es eine Last.
Und dafür verlangt das Augustinum Spitzenpreise.
Das Augustinum hat keinen Sozialarbeiter, keinen Sozialdienst, keine Angehörigengruppe und der Pfarrer sagte mir unchristlich: Ich bin nur für die Bewohner zuständig.
Unsozial ist asozial.

Samstag, 12. Mai 2012

Hohe Geburtstage

Erzählt mir gestern der Stadtrat, er hält auf dem Weg ins Rathaus Zehlendorf an, geht auf einen Hof und spricht mit einer steinalten Frau, die er mehrfach zum Geburtstag besuchte. Ja, sagt sie, ich bin 107 Jahre alt und werde im Sommer 108 Jahre alt. Der Stadtrat will sie dann wieder aufsuchen.
Ich war einmal bei einer Dame, die 104 Jahre alt war. In Steglitz-Zehlendorf gibt es wohl über 75 Menschen, die über 100 Jahre alt sind.
Wir haben ein Pflegeheim, dort leben über Jahre gut versorgt mehrere Menschen über 100 Jahre. Ansonsten gibt es ab und an einen Hundertsten Geburtstag in einem Heim.
Die meisten Menschen über hundert Jahre alt, die gibt es aber in ihren Familien, die sich rührend, fürsorgend kümmern.
Zum Vergleich: Im Augustinum Kleinmachnow kenne ich keinen Menschen, der hundert Jahre oder älter ist, auch nur einige über 90 Jahre, so wie mein Verwandter.
Mein Gedankengang ist: Das vom Augustinum hochgepriesene "selbstbestimmte Leben im Alter" steht der Langlebigkeit im Weg. Wenn die geistigen Fähigkeiten im Alter nachlassen, der Geist nur noch eingeschränkt arbeitet, dann muss man für jemanden liebevoll da sein und sorgen. Dann kann dieser Mensch sein Leben nicht mehr selbst bestimmen und ist auch sehr dankbar für die Fürsorge.
Ambulanter Pflegedienst mit Vorgaben vom MDK reicht nicht aus, finde ich.
Die Genforscher haben bewiesen, Langlebigkeit ist in den Genen, und zwar in den männlichen. Die Langlebigkeit vererbt die väterliche Linie.
Schon der Grossvater meines Verwandten wurde ohne Arzt damals 98 Jahre alt. Auch der Vater meines 90jährigen Verwandten im Augustinum wurde sehr alt.
Ich glaub nicht, dass mein Verwandter im Augustinum so alt wird wie sein Grossvater.
Und da ich auch diese langlebigen Gene habe, da zieh ich lieber nicht ins Augustinum.
Sie sorgen nicht gut für steinalte Menschen. Dort würde ich eingehen wie ein Primeltopf.

Rennereien

Erst in einen Laden, dann in die Apotheke das Novalgin abholen, dort frag ich die Apothekerin, wie das mit den Vorlagen, ärztlichen Verordnungen geht, die nun für meinen Verwandten bald nötig sind. Sie sagt das ärztliche Rezept wird nicht über ihre Apotheke, sondern über eine spezielle von der Kasse bestimmte abgewickelt. Dann auf, ins Augustinum. Ich mach Abendbrot, eigentlich wollten wir an die frische Luft, aber nun regnet es.
Die Oberschwester kommt zum Augenträufeln. Zwei Handys in ihrer Tasche rappeln, vibrieren und klingeln unangenehm. Ich frag nach, wie das nun mit Vorlagen ist, weil ich merk doch, da stimmt was nicht, ich wasch ja die Wäsche meines Verwandten. Sie sagt: Das macht ihr Kollege. Sie will ihm Bescheid sagen. Es sei eine ärztliche Verordnung nötig.
Na, hoffentlich klappt das. Ich geb ihr das Novalgin.
Es ist so: Die Pflege macht nichts, was nicht in Auftrag gegeben wird. Sie sehen die Mängel, bemerken es und das war es.
Oft hör ich im Augustinum: Aber was sollen denn die vielen sagen, die hier keinen Angehörigen haben?
Tja, die laufen wohl mit feuchten Unterhosen rum. Fürsorge, vorbeugen, sich kümmern? Nein. Nur die in Auftrag gegebenen Handreichungen werden durchgeführt.
Ich wasch ab, mach meinem Verwandten eine Wärmflasche, fahr tanken und in einen Laden und bin kurz vor 22 Uhr zu Hause. Um 16 Uhr 30 war ich losgefahren.

Freitag, 11. Mai 2012

Über die Prominenz

Ich lese über die Prominenz im Internet: Die Frau des früheren Bundespräsidenten Karl Carstens, Veronica Carstens, selber Ärztin, lebte im Augustinum in Essen. Als sie merkte, dass sie dement wurde, da zog sie in eine Seniorenresidenz in Bonn. Dort verstarb sie mit 88 Jahren. Die Entscheidung das Augustinum mit unerquicklichem Demenztreffpunkt und Einsamkeit in der eigenen Wohnung bei ambulanter Pflege zu verlassen, kann ich gut verstehen.
Walter Giller lebte lange im Augustinum Hamburg, aber er verstarb an einer Krebserkrankung mit 84 Jahren in einer hamburger Klinik.
Auch das verstehe ich gut. So war das mit der Frau meines Angehörigen auch. Sie war ja von der Idee der Pflege im eigenen Apartment so begeistert, dass sie unbedingt ins Augustinum ziehen wollte. Aber dann... Erst kam sie in ein Gästeapartment, weil das mit der Pflege im eigenen Apartment nicht mehr ging, dort fühlte sie sich sehr unwohl und ging ins Krankenhaus. Ich hab sie täglich mehrere Stunden besucht, die Krankenhausärzte drangen auf eine Einweisung ins palliative Pflegeheim und sie verstarb am 11. Tag im Krankenhaus.
Die gelebte Realität sieht halt anders aus als die Illusion vorher.
Meine Realität als Angehörige im Augustinum ist ziemlich miserabel.
Ich geh jetzt in den Keller und wasch und bügle die Wäsche meines Verwandten.

Donnerstag, 10. Mai 2012

Freie Arztwahl

Die Pflege hat mir mitgeteilt, die Ärztin meint, es gibt freie Arztwahl, man kann sich gerne um einen anderen Arzt bemühen. Mein Verwandter habe keine Bauchschmerzen angegeben. Dabei steht das in der Patientenakte und die Pfleger haben das notiert.
Ich hab ein Rezept für Novalgin am Empfang bekommen. Ich werde das Medikament besorgen. Den Bauch hatte kein Arzt untersucht. Novalgin ist ein Schmerzmittel. Was er hat, weiss ich nicht.

Mittwoch, 9. Mai 2012

Bestelle Arzttermin

Ich komm wie immer bepackt ins Augustinum, mein Verwandter sagt, dass er sich nicht fühlt, er hat wohl einen Infekt.
So geh ich zum Empfang, bitte um einen Termin bei der anderen Ärztin, die Donnerstag praktiziert. Mein Verwandter sagt: Die ist auch nicht viel besser. Jedenfalls isst er heute sein Abendbrot. Und ich blättere im Prospekt eines Pflegeheimes.
Mein Verwandter sagt, heute, als er Mittagsschlaf machte, kam jemand von der Physiotherapie wegen einer Anwendung. Sowas hatte er nicht seit der Oberschenkelfraktur vor zwei Jahren.

Dienstag, 8. Mai 2012

Ärztliche Verordnung

Ich geh in zwei Läden einkaufen für meinen Verwandten, dann zur Apotheke. Die Apothekerin klärt mich auf: Tramadol ist ein starkes Schmerzmittel, es macht schwindelig. Dann kommt es leider für meinen tapperigen, blinden Verwandten nicht in Frage.
Vor zwei Jahren gab ihm dieselbe Ärztin eine Schlaftablette, er stürzte nachts, als er zur Toilette wollte und lag stundenlang ohne Hilfe mit Oberschenkelfraktur.
Ich fahr mit allem und gewaschener Wäsche ins Augustinum, im Apartment ist wie immer Unordnung und ich fahr nach Stunden mit der Dreckwäsche nach Hause.
Das Augustinum gefällt mir gar nicht.

Montag, 7. Mai 2012

Samstag

Als ich Samstag ins Apartment kam, da hatte man meinem Verwandten wieder morgens die Waschlappen weggenommen und er konnte sich den ganzen Tag nicht waschen. Ich hab ihm neue hingehängt.
Ich war in der Apotheke, das Schmerzmittel kann ich Montag abholen.
Das nützt nichts. Ich hab meinen Verwandten gefragt, es geht ihm besser. Er hat auch wieder normal Abendbrot gegessen.
Da kriegt er einen Infekt, hat Bauchschmerzen, Schmerzen in der Stirnhöhle, im Nacken, sehr niedrigen Blutdruck und keiner hilft.
Das ist typisch für die Arztpraxis im Augustinum.
Es ist für mich ein Grund dort nicht hinzuziehen.

Samstag, 5. Mai 2012

Schmerzmittel

Gestern bekam ich das Rezept am Empfang. Zuhause stell ich fest: Tramabeta ist ein Schmerzmittel.
Diese Ärztin gibt oft Schmerzmittel. Mein Verwandter hat Bauchschmerzen seit einer Woche. Die Ursache scheint die Ärztin nicht zu interessieren.

Donnerstag, 3. Mai 2012

Unbehagen

Heute seh ich über die Unordnung hinweg. Mein Verwandter erzählt: Die Ärztin war da, er hat Blutdruck 80/60, sie schreibt ein Rezept, er hat wohl vergessen ihr zu erzählten, dass er Bauchschmerzen hat.
Ich geh zum Empfang, der Empfang hat kein Rezept. Ich telefoniere dort mit der Pflege, die Pflege hat kein Rezept.
Mein Verwandter schafft es nur mit meiner Hilfe vom Klo zum Sessel. Er isst nur zwei Bissen Abendbrot.
Das stimmt mich bedenklich.
Von der Ärztin erwarte ich mir nichts.

Wie einst im Mai?

Am Maifeiertag komm ich ins Apartment, freu mich erst, da liegt die Prinz-Heinrich-Mütze meines Verwandten auf dem Tisch. Ja, sie haben ihn heute rausgeschoben im Rollstuhl, draussen war ein Diskjockey und es gab Blasmusik. Das war abwechslungsreich.
Natürlich ist im Apartment wieder Unordnung, vieles nicht am Platz und dann stutze ich. Man hat ihm Abendbrot hingestellt und ich hab nichts bestellt.
Ich geh zum Empfang und sag: ich hab das nicht in Auftrag gegeben.
Ich geh zurück und wir besprechen den Essensplan. Den geb ich wieder am Empfang ab. Da ist der Oberpfleger und er sagt: Mein Verwandter hat gebeten, ihn nicht beim Abendbrot zu vergessen. Ich sag: Wenn ich nicht da bin, schreib ich doch einen Auftrag ihm Abendbrot zu machen und wenn sie keinen Auftrag haben, dann wissen Sie doch, dass ich Abendbrot mache.
Das Abendbrot rührt er kaum an. Er klagt über Bauchschmerzen und Schmerzen in der Stirnhöhle.
Ich bitte den Empfang um einen Arztbesuch. Ich weiss, die Ärztin, die ihn im Haus behandelt ist nicht sonderlich gut.
Die Pflege, die ihm ausziehen kommt, sagt ihren Namen und notiert sogar die Beschwerden. Erstaunlich.