Sonntag, 27. Mai 2012

Pfingsten

Morgens fahr ich erst ins Augustinum. Ich warte in der Halle auf die Dame vom Bewohnerservice, die das Apartment entsiegeln muss. In der Halle ist eine Ausstellung von sehr lustig dekorierten Rollatoren. Einer sieht aus wie ein Büro. Ein Ralleyrollator hat einen Spider. Einer sieht aus wie ein Fussballtor. Einer hat Bier und Schnaps geladen. Ein Rollator ist im Leopardenfell, mit Lippenstift, gehört wohl einem Vamp. Die Rollatorensammlung ist zum Piepen.
Im Andachtsraum sind zwei neue Traueranzeigen. Die Dame vom Bewohnerservice und ich gehen zum Schliessfach. Ich storniere das Blumengiessen. Ich nehm die Blumen dann mit zu mir. Das Schliessfach ist sehr heiss und stickig, wahrlich kein Ort für einen Lungenkranken. Ich nehm ein paar erwünschte Dinge, die mein Verwandter täglich braucht, lass die Rolläden herunter und fahre durch Kleinmachnow ins Krankenhaus nach Berlin. Kleinmachnow ist eine merkwürdige Ansammlung grosser Grundstücke mit altem Baumbestand und recht schönen, grossen Häusern. Mehr ist es nicht. Kleinmachnow hat kein Gesicht und in Kleinmachnow ist kaum was los.
Im Krankenhaus freut sich mein Verwandter über seine Sachen.
Man hat ihm aus der Berliner Morgenpost vorgelesen und ihn kurz im Rollstuhl in die Sonne geschoben, erzählt er. Er mag die Pfleger sehr.
Zu Mittag hatte er Rinderbraten, Broccoli und Kartoffeln und der Pfleger erzählt mir, mein Angehöriger hat heute sogar schon die halbe Portion geschafft.
Mein Verwandter sagt: Er kann sich nicht vorstellen in die heisse, kaum zu lüftende Wohnung ins Augustinum zurück zu kehren. Es ist erst Mai und Juli, August ist dort grauenvoll für ihn gewesen. Die Wohnung hat weder Balkon noch Terrasse. Ersticken ist kein schöner Tod, noch dazu ohne Arzt in den eigenen vier Wänden. Er findet es gut in diesem Krankenhaus und ich auch. Sie sind kompetent und sehr gut und nett zu ihm.

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