Sonntag, 4. August 2013

Gepeinigt

Als ich heute in die Blindenwohnstätte kam, da blökte jemand wie ein gepeinigtes Tier. Ich ging zum Fahrstuhl, drückte den Knopf und im gleichen Moment ging das Geschrei wieder los. Es kam aus dem Speisesaal, ich ging hin und sah eine Blinde im Rollstuhl ganz allein, verlassen, an einem Tisch sitzen, sie brüllte sie warte bestimmt schon eine halbe Stunde auf Abendbrot, es sei ihr so heiss und sie wolle nicht mehr. Von der Küche war niemand da, von den Etagenpflegern auch niemand. Ich finde es unverantwortlich blinde Menschen so allein zu lassen.
Als ich oben angekommen das der serbischen Pflegerin erschüttert erzählte, da meinte sie das gar nicht, es gäbe halt nicht so viel Personal und wenn sie mittags 10 Leute im Rollstuhl zum Essen bringt, dann ist sie weder unten, noch auf der Etage und für keinen zu erreichen. Das sei doch ganz normal. Ausserdem seien die doch alle dement. An Demenz ist man selber Schuld, meinte sie, weil man nichts tut. Ihre Grossmutter sei 103 Jahre alt geworden, hätte immer gearbeitet und war nicht dement. Die sind doch alle dement sagen die Pfleger öfter und dann erschauert es mich. Er klingt als ob ein KZ Wärter sagt: Das sind doch alles Juden. Demente sind Menschen und sollten auch wie Menschen behandelt werden.
Mein Verwandter sass im Rollstuhl, ihm war übel, er wollte ins Bett. Aber ihr war das egal. Er sollte gefälligst das Abendbrot essen, welches vor ihm stand, sie hatte es zubereitet und ich bin sicher, er hat es sich nicht ausgesucht. Er hat das Abendbrot nicht gegessen. Zu Bett gehen durfte er erst viel später. Sie ist eine Sadistin.
Ich war mir auch unsicher, von seinem Verhalten her vermute ich, dass er Medikamente bekommen hat, die ihm höchstwahrscheinlich nicht verordnet wurden.
Ich mach mich jetzt auf den Weg, such nach einem anderen Etablissement für meinen Verwandten. Vielleicht gibt es ein freundlicheres Plätzchen.

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