Mittwoch, 8. Januar 2014

Profipflege unbeliebt

In meiner Nachbarschaft gibt es für die Profis nicht viel zu pflegen.
Ich hab etliche Fälle Revue passieren lassen, um festzustellen, warum.
Die Art der Pflege passt nicht zu uns.
Irgendwann werden die Nachbarn bequemer, meist, wenn sie schon Rente beziehen.
Man engagiert einen Schneeräumservice im Winter. Dann gibt man das Bäume beschneiden auf, mag nicht mehr auf Leitern kraxeln, die Arbeit übernimmt ein Gartenbaubetrieb im Herbst. Auch die Renovierarbeiten im Haus werden dann Malern übergeben.
Später engagiert man eine Haushaltshilfe im Minijob. Und vielleicht auch Dogwalkingservice.
Wenn man das Autofahren dann aufgibt, kommt irgendwann ein Tiefkühllieferservice vorbei, später dann der Lieferservice von Edeka. Man fährt öfter Taxe, seltener Bus.
Man wechselt vorsorglich zu einem Hausarzt, der auch Hausbesuche macht oder zu der Praxis, die ebenerdig zu erreichen ist.
So kann man im Alter recht bequem leben, vielen Senioren geht es um Bequemlichkeit.
Die Kirchengemeinden bieten viele unterschiedliche Aktivitäten, Freizeitgestaltung, und sie sind nicht weit, werden häufig von Senioren genutzt.
Das geht etliche Jahre gut.
Irgendwann werden die Senioren krank, oder sie stürzen.
Dann, im Krankenhaus beantragt der Sozialdienst Pflegestufe und nach der Entlassung erscheint ein ambulanter Pflegedienst.
Die Dienstleistungen des Pflegedienstes passen aber nicht zu unseren Senioren. Erstmal soll unterschrieben werden, dass die Haftung für Mängel, abhanden gekommene Sachen etc. beim Pflegebedürftigen liegt. Nun, die langjährige Haushaltshilfe ist ehrlich, macht wenig kaputt und man versteht sich gut. Warum soll man sich pfft, pfft, pfft, pfft, den Blutdruck von ständig wechselnden Personen messen lassen, ein elektronisches Gerät haben viele Alte sich schon im Drogeriemarkt gekauft...
Es gibt dann Ärger, die Pflegedienste kommen selten pünktlich, das lange Warten ist nicht gut für den gewohnten Tagesablauf. Einen Hausschlüssel Fremden abzugeben, das gefällt auch nicht.
So wird der Pflegedienst gekündigt, man versucht vielleicht einen zweiten Pflegedienst, gibt dann aber auf.
Freunde, Verwandte, Nachbarn und die Haushaltshilfe helfen jeder etwas mehr und so geht es dann wieder ohne Pflegedienst aufwärts.
Fast jeder Senior hatte Freunde oder Familienangehörige im Seniorenheim. Man weiss, wie es dort ist. Die meisten sagen: Das geht nur, wenn man täglich Besuch bekommt. Aber, da man das weiss, da möchte man nie in ein Heim.
Wenn man dann noch körperlich eingeschränkter leben muss, dann übergibt man die Gartenpflege einem Gärtner. Die Alten entscheiden sich dann, ob sie in ihrem Haus die untere oder die obere Etage nutzen möchten, häufig gibt es Umbauarbeiten bezüglich des Badezimmers. Öfters nutzen dann Familienangehörige oder Freundschaften zumindest zeitweilig einen Teil des Hauses mit, die Alten freuen sich dann sehr, dass zumindest jemand im Haus anwesend ist, sie nicht total allein sind.
Meist können die Senioren in ihren Häusern versterben, manchmal versterben sie im Krankenhaus. Diesen Lebensabend empfinden sie besser, passender, als die Profipflege.

Es ist ganz einfach: Die Krankenkasse sieht den Kranken, ist gewillt etwas für angeordnete Pflege zu bezahlen und geringfügig für Haushaltshilfe. Sie zahlt erst bei relativ hohem Pflegebedarf.
Da haben sich unsere Alten aber längst gemütlich ihr Leben eingerichtet.
Sagte eine alte Bekannte zu mir, die nicht mehr so mobil war: Kommen Sie mal in meine Wohnstube staunen, da steht mein neues Auto!
Im Wohnzimmer stand ein nagelneuer hochglanzpolierter Yamahaflügel.
Na was sagen Sie, sagte sie, ich fahr jetzt nicht mehr Auto. Dafür kommt mein Klavierlehrer, ich übe Jazzpiano, spiel jeden Tag eine Stunde ältere Stücke und übe neue Stücke auch eine Stunde am Tag. Das macht mir grossen Spass.

Die Profipflege sagt, dass die Pflege am Boden liegt. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

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