Samstag, 30. Juni 2012

Raus aus den Kartoffeln, rein in die Kartoffeln

Heute nachmittags kam ich ins Schliessfach ins Augustinum, es war so heiss und stickig dort und schon wieder lief eine Ameise dort herum. Da mich dort die Ameisen vor kurzem bissen, sah ich sie scheel an und fragte sie: Bist Du allein hier oder hast Du Deine Familie mitgebracht?
Ich packte Sachen und nach einer Weile kamen meine Umzugshelfer, wir transportierten den Fernsehsessel, Tisch, Nachttisch etc. meines Verwandten in die Blindenwohnstätte und stellten die Möbel dort auf. Mein Verwandter freute sich sehr. Auch ich hatte Grund zur Freude, mein Angehöriger erzählte mir, dass er nun schon im Speisesaal isst, nannte mir den Namen seines Tischnachbarn und erzählte mir, was es am Mittag zu essen gab. Er wird nicht nur mobilisiert, nein, er wird integriert. Das finde ich super.
Es gibt etliche Veranstaltungen in der Blindenwohnstätte.
Im Augustinum war er nur noch einsam, nur allein mit dem Pflegepersonal. Die Mitbewohner besuchten ihn zuletzt vor zwei Jahren, nachdem seine Frau verstarb.
Bei den oberen Schichten Deutschlands ist Sozialverhalten nicht sonderlich ausgeprägt. Man legt mehr Wert auf Etikette. Dies ist mein Eindruck.
Und nun bekommt er Kontakt zu den anderen Blinden. Die Wohnungsnachbarin kennt er wohl auch schon und er ist erst wenige Tage dort.
Er sagt, er findet sich schlecht zurecht. Ich werde ihn zig mal alles abtasten lassen.
Diesbezüglich war es im Augustinum leichter, weil er die Räumlichkeiten noch sehend kannte. Er hat keine Vorstellung von den neuen Räumen, da er blind einzieht. Dies muss erst langsam in ihm wachsen.
Der Speisesaal ist sehr hübsch, modern, blindengerecht und gediegen, davor liegt ein wunderschöner Wintergarten, wir waren schon dort und haben dem singenden Kanarienvogel lange zugehört, der Vogel ist ein sehr guter Sänger. Der Wintergarten ist sehr anheimelnd.
Zum Abendbrot hat er warmes Rührei auf Graubrot, ein Wurstbrot, Gurke, Paprika gegessen, zwei Tassen Milch getrunken. Das Essen dort schmeckt ihm prima, es ist genau was er mag und er hat nicht nur Appetit, er hat richtig Hunger.
Es ist kein Wunder, weil man ihn beschäftigt. Im Augustinum sass er nur gelangweilt allein im Sessel und lutschte am Tag 300 Gramm Bonbons.
Zig Mal am Tag rief er den Empfang an, der war seine Telefonseelsorge.
Dass da vielleicht was nicht stimmt mit dem System, das merkt man in Kleinmachnow nicht.

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