Samstag, 30. Juni 2012

Abends

Abends besuche ich meinen Verwandten im Blindenheim. Er erzählt mir, er war heute zu einer Gesprächsrunde, im Garten und hat sich dann später mit einer blinden Dame lange am Springbrunnen unterhalten. Der Pfleger bestätigt dies.
Ich freu mich. Seine Einsamkeit hat ein Ende. Das war ja schlimm im Augustinum, jahrelang allein in der Wohnung hocken.
Er erzählt mir auch, er kann jetzt um halb acht Uhr früh aufstehen. Das ist kein Problem. Das hat er sich so gewünscht.
Im Augustinum musste er jeden Tag schon um halb sechs, sechs Uhr aus den Federn. Der ambulante Pflegedienst sagte, anders geht das nicht. Immer hat er gemault und gesagt: nicht mal als Rentner darf ich ausschlafen.
Anfang Juli soll er drei Tage für eine kleine OP ins Krankenhaus.
Der neue Arzt und die Blindenwohnstätte kümmern sich vorzüglich.
Ich gewinne etwas von dem verlorenen Vertrauen zurück.
In der Blindenwohnstätte wohnt auch eine 104 Jahre alte Dame und eine 105 Jahre alte Dame. Das schafft Vertrauen, dass sie sich gut kümmern.
Weil, wie im Augustinum "selbstbestimmt im Alter leben", damit geht sowas nicht.
Das frag ich mich: Wann ist eigentlich ein Mensch alt? Das Augustinum meint die jungen Alten? Die Alten generell? Dabei fallen die wirklich Alten dann durch den Rost.

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