Freitag, 22. November 2013

Kleidung, Essen und die Zeitarbeit

Als ich gestern früh meinen Verwandten aufsuchte,da lag er im Unterhemd im Bett. Den Winterpullover wollte er wohl nicht anziehen, den er tagelang trug, der war ihm zu warm. Eine Leasingkraft kam, sie war im Rentenalter, wollte etwas zusätzliche Beschäftigung und Geld, zu Hause fiel ihr die Decke auf den Kopf. Ich suchte im Schrank einen Sommerpullover, sie zog meinem Verwandten den dann an.
Ich dachte: Kommunikation zwischen festangestellten Leuten und Leasingkräften über Vorlieben der Bewohner findet nicht statt. Ansonsten sah ich noch eine Schwarzafrikanerin auf der Etage, ich verstehe sie schlecht. Später kam ein mir inzwischen bekannter Zeitarbeiter, Rentner, der sich etwas dazuverdient, er sagte: Mittagessen wurde falsch geliefert, anstelle Schnitzel gebe es nun Kassler mit Grünkohl.
Ich gab meinem Verwandten einen Pudding, etwas Süsses, bilanzierte Trinknahrung, kochte richtigen Kaffee mit richtiger Kaffeesahne für ihn, er fand alles gut. Im Heim gibt es nur schlecht schmeckendes Zeugs, was sie Kaffee nennen, mit 1,5 %iger H-Milch.
Die Zeitarbeitsrentnerin kam mir bekannt vor, tatsächlich stellte sich heraus, sie arbeitete 14 Jahre lang in einem Pflegeheim in der Nähe meines Hauses, wir kannten uns. Ja, früher war es netter im Heim, meinte sie, es war viel familiärer. Heute sind die Alten dort wie Nummern, sie habe diesen alten Arbeitsplatz nie vermisst. Ich sagte: Dort wechseln die Betreiber ständig.
Die festangestellte Deutschrussin kam mit dem Mittagessen. Sie war froh, dass sie das Essen nicht geben musste, dass ich da war und das übernahm. Mein Verwandter wollte kaum etwas essen, meinte der Grünkohl schmecke nicht gut. Er isst gern Grünkohl. Ananas aus der Dose gab es zum Kompott, das war OK. Schnitzel wär ihm lieber gewesen.
So kommt er im Heim ohne mein Zutun nicht auf seine erforderlichen Kalorien.
Mehrfach sprach ich mit der Pflegedienstleitung darüber. Sie meinte, im Vergleich mit den anderen Bewohnern sei sein BMI sehr gut.
Tja, weil ich ihm täglich helfe und nun stelle sich einer die anderen Hungerharken vor, die diese Kost bewirkt. Ich finde meinen Verwandten im Vergleich zu vor dem Einzug spindeldürr.
Warum alle Angestellten dies richtig finden, das ist mir schleierhaft. Sie sind super Pflegepersonal, hör ich immer wieder ihr Eigenlob.
Was ist denn nun dieses Essen, welches von Sodexo kommt? Nun, es ist Krankenhauskost, wird aus Nordberlin angeliefert, es wird im Jüdischen Krankenhaus gekocht. Es sind sehr grosse, fettarme Portionen, manchmal schmackhaft, manchmal nicht. Wer seinen grossen Teller voller Kantinenessen nicht aufessen mag, der kommt zu kurz.
Normalerweise, wenn man im Krankenhaus solch Essen essen muss, dann ist man froh, wenn man nach Hause entlassen wird und endlich wieder normale Hausmannskost essen kann, und sich dann dabei erholt. Im Pflegeheim wird solch Krankenhausessen zur Dauernahrung. Ich finds nicht sonderlich bekömmlich.
Hochkalorische Nahrung gibt es nicht. Das Personal meint: Die Bewohner sollen gefälligst selber essen, sie haben nicht genügend Zeit zum Anreichen.
Und so bin ich zu der Überzeugung gekommen: Die Lebenserwartung im Pflegeheim ist um einiges kürzer, als wenn man in häuslicher Umgebung gepflegt wird.

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