Freitag, 12. Juli 2013

Ein Leasinggeist?

Heute nachmittags kam ich recht früh in die Blindenwohnstätte zum Besuch meines Verwandten. Er hatte eine schwere Zunge, ich fand er lallte. Ich gab ihm zu trinken, dann wurde es besser. Man hat mir ja gesagt, bewusstseinsverändernde Medikamente erhält er zur Zeit keine. Ich sah in die Kladde für den MDK, gestern und heute total unvollständig geführt, wieder Leiharbeiter. Nachmittagsdienst hatte ein mir fremder Leiharbeiter, ein älterer Mann. Er war mir egal.
Dann wollte ich die Blume auf dem Balkon giessen und stutzte sehr. Da stand unter dem Balkontisch ein grosser weisser Essteller auf der Erde, darauf eine Klappbutterstulle aus Graubrot ohne Krume, die sich wölbte. Sie war unappetitlich und nicht angebissen.
Nun, mein blinder Verwandter im Rollstuhl mit Gammanagel im Oberschenkel kann den Teller nicht unter den Balkontisch auf den Boden gestellt haben. Er kann sich nicht so weit bücken.
Ich dachte nach. Gestern Abend kam ein gut belegtes Brot, hübsch angerichtet, für meinen Verwandten. Der leere Teller ging zurück und es war ein kleinerer Teller. Abends hatte ich auch ein kurzes Gespräch mit dem gelernten festangestellten Altenpfleger des Hauses auf dem Balkon. Und da war der Teller unter dem Balkontisch mit Sicherheit noch nicht da. Und nun war das Abendbrot noch nicht verteilt, es war noch nachmittags.
Es handelte sich wahrscheinlich um 1. oder 2. Frühstück und es waren Leasingkräfte im Haus.
Warum bloss versteckt man Teller mit Essen drauf?
Egal, ich las meinem Verwandten aus dem Krimi vor, der Kommissar versucht ja auch gerade den Fall zu lösen. Mein Verwandter merkt sich das Geschehen im Buch gut, es interessiert ihn. Wir verbrachten einen netten Abend, er erzählte mir die Nachrichten im Radio. In Frankreich ist ein Zugunglück und in London gab es eine Explosion.
Die Pfleger nennen ihn dement. Ich hab wenig Schwierigkeiten mit ihm.
Wer die Leasinggeister sind, das interessiert ihn nicht, ob er seine Augentropfen schon hat, auch nicht.
Er mag sich damit nicht mehr belasten.
Mir werden die Pfleger auch immer mehr Schnurz. Man darf mich ab jetzt Dementia rufen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen