Montag, 8. Juli 2013

Mitarbeiter gehen

Als ich heute in die Blindenwohnstätte mit Plattpfirsichen und einem Pfund Kaffee für meinen Verwandten kam, da lag er schon im Schlafanzug im Bett. Nanu? Die gelernte Altenpflegerin kam, erklärte stolz: Er sei frisch geduscht. Ich anwortete: Ich wollte Sie heute darum bitten meinen Verwandten zu duschen. Anmerkung: Das letzte Duschen ist eine Woche her, die Haare gestern sahen wild und fettig aus. Danach entdeckte ich: Die Klingel liegt auf dem Tisch und er im Bett. Auf dem Flur war eine junge Leiharbeiterin, ich bat sie ihm die Klingel um den Hals zu hängen. Ich dulde dies Verhalten ihm die Klingel vorzuenthalten nicht mehr.
Mein Verwandter war guter Dinge, trotz Umbaulärm im Haus, der noch bis zum Wochenende dauern soll. Er aass Mitgebrachtes mit Appetit und wollte nur wenig vom Abendbrot des Hauses. Auf dem Flur traf ich die Bewohnerin, die im Heimbeirat ist, sie erzählte mir der eine Inder sei nicht mehr da, er hätte gekündigt. Der Wohnbereichsleiter sei auch nicht mehr im Haus, die Stelle bliebe wohl vakant.
Nun, ich sah den merkwürdigen Gesellen zum letzten Mal Ende Mai, als ich mit meinem Verwandten aus dem Krankenhaus kam. Er streckte mir von hinten die Hand fordernd über die Schulter und sagte: Her mit der Karte. Ich sagte: Wie bitte? Er: Na, die Krankenkassenkarte. Ich sah ihn stirnrunzelnd an, deutete auf den Tisch und sagte: Da hab ich sie längst hingelegt. Er nahm die Karte und verschwand. Er war ein unfreundlicher junger Mann.
Um den Inder trauere ich auch nicht, er redete ständig vom Hindusmus und wollte alle auf der Etage aus Glaubensgründen zum Vegetarier machen. Verlangte jemand Wurst, dann kratze er die Leberwurst gaaanz dünn aufs Brot. Dafür war er unordentlich, ließ Kleidungsstücke oft auf links gedreht liegen.
Ausländer in der Pflege sind ein Problem. Sie machen immer so, wie sie es zu Hause gelernt haben. Oftmals gibt es dann Schwierigkeiten. Andere Länder, andere Sitten und Gebräuche. Mein Verwandter hatte diverse Dispute mit dem Inder.
Neue feste Mitarbeiter habe ich bis jetzt nicht gesehen. Es bleibt wohl bei den ständig wechselnden Leiharbeitern.
Mein Verwandter hatte schon im Augustinum Probleme mit dem häufig wechselnden Personal. Erst wollte er von jedem Neuen wissen, was sie vor der Umschulung machten. Im Augustinum waren die meisten vorher Kindergärtnerin, aber auch ein Klempner war darunter und einer war bei der NVA.
Dann bemerkte ich ein grosses Desinteresse meines Verwandten an den wechselnden Pflegern. Er meinte schwer enttäuscht: es verlohnt nicht sich Namen zu merken.
Beziehungen entstehen so nicht. Es ist ihm Schnurz, wer ihn zur Toilette führt.
Ich überlegte, ob es wohl Hospitalismus bei Alten gibt und nicht nur bei Kindern. Bei wikipedia wurde ich fündig. Ja, es gibt Hospitalismus bei Alten im Heim. Es ist egal ob Waisenheim oder Altenheim (ein Wohnstift zählt dazu) Heime sind Mist...
Jemand von der Pflegedienstleistung erklärte mir: Der Body-mass-Index meines Verwandten sei besser als bei den meisten Bewohnern. Das ist kein Wunder! Ich komme täglich und stopfe Essen in ihn rein, welches ich mitbringe und welches er mag. Weil: Mir ist er viel zu dünn, er wiegt zur Zeit 74 kg bei 1,78 m Grösse. Normal waren für ihn etwas über 80 kg.
Aber die Altenpfleger stinken vor Eigenlob und meinen, sie machen alles richtig. Sie wissen wie man pflegt!
Heime sind Mist...
Ich lass mich auf das Altenpflegerdeutsch nicht ein. Essen wird in den wenigsten Fällen zugereicht, die Bewohner müssen sehen, wie sie klar kommen. Dann wird man halt sehr dünn und trocknet aus.
Also renn ich täglich hin, lege meinem Verwandten ein Handtuch um den Hals und scherze: Hier kommt Dein Sabberlätzchen und jetzt wirst Du gefüttert. Er ist dankbar dafür und überhaupt nicht böse.
Zur Hölle mit dem Fachchinesisch mit Essen wird angereicht, Essen wird zugereicht, aber wir tun das nicht, wir fördern die Selbstständigkeit der Bewohner.
Das ist nämlich gelogen. So werden die Alten spindeldürr und sie fördern ihre Faulheit und den Gewinn des Betreibers.
Ich kann Dichtung und Wahrheit in der Pflege inzwischen unterscheiden.

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