Samstag, 18. August 2012

Samstag mit Musik

Wieder ist Wochenende, heisser August. Ich fahr in die Blindenwohnstätte, koche Kaffee und erzähle, dass nicht weit entfernt in der "Schwartzschen Villa" in Steglitz Melodien von Carl Loewe gesungen wurden, recht amüsant:



" Der Zahn "

Musik - Carl Loewe 1796 - 1869
Text - Matthias Claudius
Victoria! Victoria!
der kleine weiße Zahn ist da.
Victoria! Victoria!
der weiße Zahn ist da.
Du Mutter! komm, und Groß und Klein
im Hause! kommt und guckt hinein,
Und seht den hellen weißen Schein.

Der Zahn soll Alexander heissen.
»Du liebes Kind! Gott halt' ihn dir gesund,
Und geb' dir Zähne mehr in deinen kleinen Mund
Und immer was dafür zu beissen!«

Aufgenommen am 15.06. 2012 in der "Schwartzschen Villa" in Berlin/Steglitz
Gunter Wurell - Gesang
Johannes Ludwig - Klavier

Mein Verwandter erzählt dann von Carl Loewe aus seiner Erinnerung:



Kurt Moll singt "Die Uhr" von Carl Loewe

Ich trage, wo ich gehe, stets eine Uhr bei mir.
Wie viel es geschlagen habe, genau seh´ ich an ihr.
Es ist ein großer Meister, der künstlich ihr Werk gefügt,
wenngleich ihr Gang nicht immer dem törichtem Wunsche genügt.

Ich wollte, sie wäre rascher gegangen an manchem Tag.
Ich wollte, sie hätte manchmal verzögert den raschen Schlag.
In meinen Leiden und Freuden, im Sturm und in der Ruh,
was immer geschah im Leben, sie pochte den Takt dazu.

Sie schlug am Sarge des Vaters, sie schlug an des Freundes Grab.
Sie schlug am Morgen der Liebe, sie schlug am Traualtar.
Sie schlug an der Wiege des Kindes und schlägt, will´s Gott, noch oft,
wenn bessere Tage kommen, wie meine Seele es hofft.

Und ward sie auch manchmal träger und drohte zu stoppen ihr´n Lauf,
so zog der Meister immer lustgütig sie wieder auf.
Doch ständ sie einmal still, dann wär´s um sie gescheh´n,
kein And´rer, als der sie fügte, bringt die Zerstörte zum geh´n.

Dann müsst ich zum Meister wandern, der wohnt am Ende wohl weit,
wohl draußen jenseits der Erde, wohl dort in der Ewigkeit
Dann gäb´ ich sie ihm zurücke mit dankbar kindlichem Sinn
Sieh´Herr ich hab nichts verdorben, sie blieb von selber stehn!



Friedrich Bockelmann singt "Fridericus Rex" von Carl Loewe (1796-1869)
Michael Raucheisen, Klavier

Fridericus Rex, unser König und Herr,
der rief seine Soldaten allesamt ins Gewehr,
zweihundert Bataillons und an die tausend Schwadronen,
und jeder Grenadier kriegt sechzig Patronen.

"Ihr verfluchten Kerls", sprach seine Majestät,
"daß jeder in der Bataille seinen Mann mir steht!
Sie gönnen mir nicht Schlesien und die Grafschaft Glaz
und die hundert Millionen in Meinem Schatz."

"Die Kaiss'rin hat sich mit dem Franzosen allirt,
und das römische Reich gegen mich revoltirt,
die Russen seind gefallen in preussen ein.
Auf, laßt uns sie zeigen, daß wir brave Landskinder sein."

"Meine Generale Schwerin und Feldmarschall von Keith,
und der Generalmajor von Zieten seind allemal bereit.
Kotz Mohren, Blitz und Kreuz-Element,
wer den Fritz und seine Soldaten noch nicht kennt."
Nun adjö, Lowise, wisch ab das Gesicht,
eine jede Kugel die trifft ja nicht;
denn träfe jede Kugel apart ihren Mann,
wo kriegten die Könige ihre Soldaten dann!

Die Musketenkugel macht ein kleines Loch,
die Kanonenkugel ein weit größeres noch;
die Kugeln sind alle von Eisen und Blei,
und manche Kugel geht manchem vorbei.
Unsre Artillerie hat ein vortrefflich Kaliber,
und von den Preussen geht keiner nicht zum Feinde über;
die Schweden, die haben verflucht schlechtes Geld,
wer weiß, ob der Östreicher besseres hält.

Mit Pomade bezahlt den Franzosen sein König,
wir kriegen's alle Woche bei Heller und Pfenning.
Kotz Mohren, Blitz und Kreuz-Sapperment,
wer kriegt so prompt wie der Preusse sein Traktament.

Fridericus mein König, den der Lorbeerkranz ziert,
ach hätt'st du nur öfters zu plündern permittirt,
Fridericus Rex, mein König und Held,
wir schlügen den Teufel für dich aus der Welt!

Willibald Alexis (1798-1871) [pseudonym]

Mein Verwandter hat eine riesige musikalische Datenbank im Kopf.
Es war ein wunderschöner Nachmittag.
Ich bin der Blindenwohnstätte so dankbar, dass ich nun nicht mehr wie im Augustinum mich um alles, jeden Mist aber auch, selber kümmern muss, sondern die Zeit meinem Verwandten widmen kann. Die Zeit ist kostbar.

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