Freitag, 13. Juli 2012

Die Nachbarin schräg gegenüber

Endlich öffnet die Pflege das Schliessfach. Ich packe Kartons voll, schleppe grosse Tüten, hol einen Rollwagen, da spricht mich eine Frau vor der Schliessfachtür an, sie möchte bitte auch den Rollwagen nutzen.
Ich sag: Gestatten Sie die Neugier, ich möcht gern wissen, ob Sie hier ohne Sterbefall ausziehen?
Sie sagt: Ich bin die Tochter von Frau K. schräg gegenüber, sie wohnte lange Jahre im Augustinum, meine Schwester und ich lösen die Wohnung auf, meine 94jährige demente Mutter zieht ins Pflegeheim nach Berlin, die Pflege hier ist zu miserabel.
Sie schildert die Zustände und sagt: Schuld daran ist der Pflegedienstleiter. Die Pflegedienstleiterin davor soll besser gewesen sein.
Ich sag: Vieles hängt leider auch am MDK, die Pflege beschäftigt sich zu gern damit in die Kladde Sachen wie "Bewohner ein Glas Wasser gereicht, Bewohner nahm dankbar an" zu schreiben.
Das bewertet der MDK dann mit 1.0, sehr gut. Ich vertrau dem MDK nicht mehr.
Sie sagt: Bei uns stand zu lesen: "Bewohnerin versteckt die Inkontinenzeinlage im Wohnzimmer." Im Pflegeheim hat meine Mutter es jetzt besser. Sie sollen hier ja den Demenztreffpunkt vergrössert haben, aber das ändert an der schlechten Pflege gar nichts. Und wissen Sie, es ist nicht nur besser, es ist auch billiger.
Ich sagte: Ich bemängle die medizinische Versorgung. Meine Verwandte ist verhungert. Mein Verwandter plagte sich sehr und lange unter Schmerzen, erst die Notfallrettung half.
Ich dachte: merkwürdig, die alte Dame ist dement und die Tochter klagt über Missstände in der Pflegesituation im Augustinum, mein Verwandter ist blind, gebrechlich, nicht dement und wir beklagen die Missstände auch.

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